Fremdes...

Die Wurzeln manch besonders starker Empathie

Im Gegensatz zu Anna Freud betonte Sandor Ferenczi den traumatischen, die seelische Integrität nachhaltig beschädigenden Aspekt dieses Abwehrtypus (…). In Zusammenhang mit seinem Vortrag formulierte Ferenczi erstmals, dass die von den Kindern erlebte Angst und Hilflosigkeit sie zwinge, „sich selbst ganz vergessend sich mit dem Angreifer vollauf zu identifizieren“.

„Haß ist es, was das Kind beim Geliebtwerden von einem Erwachsenen traumatisch überrascht und erschreckt und es aus einem spontan und harmlos spielenden Wesen zu einem den Erwachsenen ängstlich, sozusagen selbstvergessen imitierenden, schuldbewußten Liebesautomaten umgestaltet.“

Solche Anmutungen übersteigen und überfordern die kindlichen Verständnis- und Verarbeitungsmöglichkeiten, was dazu führen kann, dass es in einen tranceartigen Ausnahmezustand („traumatische Trance“) gerät, in welchem es den Angreifer „introjiziert“, also in seiner (unbewussten) Phantasie in sich hineinnimmt, um ihn als äußere Realität zum Verschwinden zu bringen. Dieser Schutzmechanismus lässt die unerträglich werdende Angst auf Kosten der Realitätswahrnehmung in ein Gefühl traumartiger Geborgenheit umschlagen. Statt sich aktiv mit der bedrohlichen Wirklichkeit des Täters auseinanderzusetzen, wozu es nicht fähig ist, unterwirft es sich dem Willen des Täters und macht ihn zugleich zu einem fremden Teil seiner selbst („Introjektion“). Dies kann bei wiederholten Gewalterfahrungen zu einer regelrechten Zerstückelung der Persönlichkeit („Atomisierung“) führen. Das Kind opfert in einem solchen Extremzustand gewissermaßen sein noch unfertiges, kaum wehrfähiges Selbst, um die lebenswichtige Beziehung zu einer als notwendig wohlwollend vorzustellenden Bezugsperson halluzinatorisch aufrechtzuerhalten. Das überwältigte, emotional und in seiner Wahrnehmungsfähigkeit verwirrte Kind fühlt sich für das Geschehen verantwortlich, was als Introjektion des Schuldgefühls des Angreifers verstanden wird. Dieses Schuldgefühl wird zur Quelle eines beständigen innerseelischen Abwehrkonflikts: Das Opfer entwickelt Hass, der seinerseits wiederum Schuldgefühle hervorruft und daher verdrängt und in Ablenkung vom ursprünglichen Objekt gegen das eigene Selbst gewendet wird. Es kommt in der Folge häufig zu schweren Störungen auf der Beziehungsebene, Depressionen, selbstverletzendem Verhalten oder gesteigerter, nach außen gerichteter Aggressivität. Zugleich kann hier eine unzeitige Entwicklung und unangemessene Frühreifung emotionaler oder intellektueller Fähigkeiten stattfinden, die Ferenczi „traumatische Progression“ nennt:

„Die Angst vor den hemmungslosen, also verrückten Erwachsenen macht das Kind sozusagen zum Psychiater, und um das zu werden, und um sich vor den Gefahren seitens Personen ohne Selbstkontrolle zu schützen, muss es sich mit ihnen zunächst vollkommen zu identifizieren wissen.“

Das gesteigerte, aus der Angst geborene Einfühlungsvermögen macht den traumatisierten Patienten, so Ferenczi, (dabei) geradezu zum Lehrmeister seines Therapeuten und zwinge diesen im Dienst der Therapie zu einem besonderen Maß an Aufrichtigkeit.

Weiterlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Identifikation_mit_dem_Aggressor

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Journalistisches...

Das öffentliche Schulsystem in der Privatisierungszange

Ein kleiner Verein greift mit einer neuen Publikation in die Debatte um die Privatisierung öffentlicher Bildung ein. Neben der „Verbetriebswirtschaftlichung“ von innen, beispielsweise mittels New Public Management, und Privatisierung von außen, etwa mittels der Austrocknung des öffentlichen Schulsystems bei gleichzeitigem Boom privater Träger, verorten die Autoren der Streitschrift eine dritte Flanke des Angriffes auf das staatliche Bildungsmonopol. Jens Wernicke sprach hierzu mit Reinhard Frankl, Vorsitzender des GEW-Bezirksverbands Unterfranken und Mitglied im Vorstand von KLARtext e.V.

Weiterlesen: http://www.nachdenkseiten.de/?p=21109
Alternative Version: https://www.neues-deutschland.de/artikel/952355.roter-teppich-fuer-bertelsmann-und-co.html

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Fremdes...

Change

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Journalistisches...

Die Illusion vom Bildungsaufstieg

Dass das deutsche Bildungssystem hochgradig sozial selektiv ist, ist inzwischen ein Allgemeinplatz. Dass die meisten aktuellen Reformbemühungen jedoch faktisch auf eine umfassende „Modernisierung von Auslesemechanismen“ hinauslaufen, wie Torsten Bultmann und Oliver Schwedes dies bereits vor einigen Jahren in ihrem Aufsatz „Die Zukunft des Bildungssystems: Lernen auf Abruf – eigenverantwortlich und lebenslänglich!“ konstatierten, gerät bei weitergehender Analyse aktueller Bildungsreformen zu schnell aus dem Blick.

Weiterlesen: http://www.nachdenkseiten.de/?p=21047
Alternative Version: https://www.neues-deutschland.de/artikel/926966.die-illusion-vom-bildungsaufstieg.html

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Journalistisches...

Bildungsfinanzen: Endlich alles gut?

Zum gerade erschienenen Bildungsfinanzbericht 2013 sprach Jens Wernicke mit Ansgar Klinger, Mitglied im Geschäftsführenden Vorstands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Weiterlesen: http://www.nachdenkseiten.de/?p=21015

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Gedichte...

Das Nein in der Liebe

Um der Würde willen:
die Würde riskieren.
Und um der Liebe willen:
Von der Liebe gehen.

So vieles liegt nicht in unserer Hand.

Ich wäre gerne geblieben.
Bei Dir. Mir. Bei Uns.
Doch es ging nicht.
Wäre nicht gegangen.
Konnte nicht gutgehen.
Nicht so.

Denn Liebe allein
reicht nicht für die Liebe.
Zumindest nicht
für jene zu zweit.
Es braucht auch: Entscheidung
Bewusstheit, Verantwortung.

So vieles liegt nicht in unserer Hand.

Denn wo wir unbewusst lieben
und nicht Ja sagen
auch zu Auseinandersetzung, Reibung
Konflikt und Kritik
wo wir uns nicht entscheiden
und entschieden haben
uns ganz einzugeben
mit allem, was wir sind
da übernehmen wir
auch keine Verantwortung
für uns und also den anderen
und damit: die Liebe in und zwischen uns.
Da lieben und leben
wir uns nicht selbst.

Zwar nennt man
auch das dann Liebe
doch meint damit nicht Wachstum
sondern Wärme und Beständigkeit
meint Sicher- und Geborgenheit
meint Wohl
und nicht auch: Heil.
Doch kann und darf
soll das allein schon: Liebe sein?

So vieles liegt nicht in unserer Hand.

Und dann Dich bitten
Dich zu öffnen
ganz einzugeben und zu offenbaren
auch mit dem
was hinter und neben dem Wohl
an Leben in Dir noch lebendig ist
und was es
als Grundlage und Fundament
für das, was mir Liebe meint
unbedingt braucht.

Und nicht die richtigen Worte finden
und Hilflosigkeit und Ohnmacht erleiden
Dich kränken
und missverstanden werden hierbei.

Und dann
Dich noch einmal bitten
Dich für mich zu entscheiden
doch nicht bedingungslos
sondern nur
um Deinen noch zu nennenden Preis.
Und meine Würde riskieren
ob dieses Bittens und Flehens
und schließlich gehen
und gehen müssen:
Um meiner Liebe willen
fort von meiner Liebe: Dir.

So vieles liegt nicht in unserer Hand.

Und wäre ich geblieben
und hätte Dich zu halten
und wärmen versucht
wie Du ebenso mich:
Alsbald schon
hätten wir jene Zelle miteinander geteilt
auf die das unbedingte Wohl des jeweils anderen
uns eingeengt und festgelegt hat.
Und wären lieblos und immer liebloser
miteinander geworden
im steten Bemühen
einander alles
nur nicht Herausforderung
und Wachstum zu sein.

Derweilen denke ich: Liebe ist
wenn man einander nicht Halt
sondern Wind unter den Flügeln sein mag.
Und nur ein ehrliches Nein
ermöglicht überhaupt erst
ein wirkliches Ja zum jeweils anderen
in all seiner Würde
sowie als Mensch und Person.

Weil ich Dich liebe
musste ich gehen.

Ein anderer
machte denselben Punkt einmal anders
und formulierte
jede wirkliche Wahrheit sei stets: paradox.

So vieles liegt nicht in unserer Hand.

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