Fremdes..., Gedichte...

Leben und Sterben

Ich möchte kein ungelebtes Leben sterben.
Ich werde nicht in der Angst leben,
zu versagen oder Feuer zu fangen.

Ich ziehe es vor, meine Tage zu bewohnen,
meinem Leben zu erlauben mich zu öffnen,
mich weniger ängstlich zu machen, zugänglicher,
mein Herz freizumachen bis es ein Flügel wird,
eine Fackel, ein Versprechen.

Ich ziehe es vor meine Wichtigkeit zu riskieren;
so zu leben, dass, was als Same zu mir gekommen
zum Nächsten als Blüte geht und das, was zu mir
als Blüte gekommen, als Frucht weitergeht.

(Dawna Markova)

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John Howell: Liebesbrief eines Narzissten

Wenn ich sage, dass ich in dich verliebt bin, dann meine ich damit, dass ich die Art und Weise liebe, wie ich mich fühle, wenn ich mit dir zusammen bin. Ich liebe mich selbst durch dich.

Ich liebe es, mich durch deine Augen zu sehen. Liebe es, mich durch meine Augen zu sehen und mir vorzustellen, wie ich durch deine Augen aussehe. Liebe es, jemand Neues zu haben, dem ich meine Geschichten erzählen und meine tiefgründigen Ansichten und Theorien über die wichtigen Dinge des Lebens mitteilen kann. Liebe es, mich selbst diese Dinge sagen zu hören, während ich mir vorstelle, wie sie für dich klingen, und wie begeistert du wegen ihnen von mir bist.

Wenn ich sage, dass ich in dich verliebt bin, dann liebe ich es, jemand Schönes zu haben, den ich benutzen kann wie ein neues Kleidungsstück. Liebe es, wie du dich an mir anfühlst. Liebe die Art und Weise, wie ich mich fühle, wenn du bei mir bist.

Wenn ich sage, ich bin in dich verliebt, liebe ich es, nicht allein zu sein. Liebe es, nicht der Baum zu sein, der im Wald fällt. Liebe es, durchgehend ein persönliches Publikum zu haben.

Wenn ich sage, ich bin in dich verliebt, dann meine ich, ich liebe es, dein Mysterium zu sein, dein Rätsel. Das, was dich nachts wachhält, deine Besessenheit. Liebe es, dein Altar zu sein, dein Sakrament, deine Ikone, dein Wunder. Deine Antwort, das Objekt deines Opfers und Dein Schmerz.

Wenn ich sage, ich bin in dich verliebt, dann meine ich damit, dass ich es liebe, deine Sonne zu sein und deine Umlaufbahn zu monopolisieren. Deine Schwerkraft zu sein und dich zu mir zurückzuziehen, egal wie sehr du auch versuchst zu springen oder fliegen. Dich unten zu halten, bei mir.

Wenn ich sage, ich bin in dich verliebt, dann meine ich damit, dass ich es liebe, deine Luft zu atmen, dein Blut auszusaugen und deine Träume zu verschlingen. Deine Droge zu sein, dein Dolch und eben jener Brief, den du nach deinem Selbstmord hinterlässt.

Wenn ich sage, dass ich in dich verliebt bin, meine ich, dass ich die Geschichte liebe, die ich meinem nächsten Partner erzählen kann. Über meinen Ex-Partner und darüber, wie schön es war, wie intensiv, wie märchenhaft, was für ein Paar wir waren, und wie du dann allmählich, aus unerklärlichen Gründen, schmerzhaft, Stück für Stück verschwandst.

Quelle: https://abouttraumahealing.wordpress.com/2022/07/05/a-narcissists-love-letter/

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Ich danke allen

Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben
Sie haben meine Phantasie beflügelt

Ich danke allen, die mich in ihr Schema pressen wollten
Sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt

Ich danke allen, die mich belogen haben
Sie haben mir die Kraft der Wahrheit gezeigt

Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben
Sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen

Ich danke allen, die mich abgeschrieben haben
Sie haben meinen Mut geweckt

Ich danke allen, die mich verlassen haben
Sie haben mir Raum gegeben für Neues

Ich danke allen, die mich verraten und missbraucht haben
Sie haben mich wachsam werden lassen

Ich danke allen, die mich verletzt haben
Sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen

Ich danke allen, die meinen Frieden gestört haben
Sie haben mich stark gemacht, dafür einzutreten

Vor allem aber danke ich all jenen
die mich lieben, so wie ich bin
Sie geben mir die Kraft zum Leben

(Paul Coelho)

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Der Engel spricht

Manchmal ist
das tiefste Tal
das Tor
zur Ewigkeit.
Manchmal war
es uns nicht klar,
wie sehr wir
schon bereit,
auf eignem Weg zu schreiten.

Manchmal türmen
Schmerzen sich
um unser Jammertal,
versprechen schwere
Tage nur
und Schuld
und Angst
und Qual.

Vorwärts stell dich,
mach dich auf,
durch Schuld
und Angst
und Qual.
Die Taten
räumen frei
den Weg
aus diesem
Jammertal.

Geh weiter,
weinend,
fürcht dich nicht,
vor keinem
kleinen Schritt,
denn jedes
Ja zum Leben,
das spricht
dein Engel mit.

(Renate Lilge-Stodieck)

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Abschied

Es tut mir von Herzen leid, was ich Dir angetan habe, weil ich es nicht besser vermochte. Bitte verzeihe mir.

Es tut mir von Herzen leid, was Du mir angetan hast, weil Du es nicht besser vermochtest. Ich verzeihe Dir.

Du bist ein liebenswerter Mensch und hast alle Güte und Gnade der Welt verdient. Du wirst Heilung finden, Deinen ganz eigenen Weg, und glücklich werden. Das weiß ich genau. Du bist unschuldig, ein Geschenk Gottes und Geschöpf der Liebe. Ich bete für Dich.

Ich bin ein liebenswerter Mensch und habe alle Güte und Gnade der Welt verdient. Ich werde Heilung finden, meinen ganz eigenen Weg, und glücklich werden. Das weiß ich genau. Ich bin unschuldig, ein Geschenk Gottes und Geschöpf der Liebe. Ich bete für mich.

Ich übernehme meinen Teil der Verantwortung dafür, dass es mit uns nicht geklappt hat und lasse Deinen bei Dir.

Was ich Dir gegeben habe, habe ich Dir gern gegeben. Du darfst es behalten.

Was Du mir gegeben hast, habe ich gern genommen. Ich halte es in Ehren.

Die Zeit mit Dir war eine Zeit des Erwachsens und immer wieder auch der tiefsten Verbundenheit und Liebe für mich. Ich danke Dir dafür und werde sie niemals vergessen.

(02.08.2022)

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Ich zünde heute eine Kerze an

Ich zünde heute eine Kerze an

Für all die zerbrochenen Freundschaften
Für all die zerstörten Beziehungen
Für all die gespaltenen Familien
Für all die getrennten Wege

Für alle, die sich nötigen ließen, gegen ihren Willen
Für alle, die um des lieben Friedens willen nachgegeben haben
Für all die verängstigten Kinder und deren ruinierte Kindheit
Für alle, denen der Mut fehlt, nein zu sagen
Für all die Belogenen und Getäuschten
Für alle, die sich aus Schwäche fügen
und für alle, die einen Fehler gemacht haben

Für all die Leichtgläubigen
Für alle Vereinsamten
Für alle Hoffnungslosen
Für alle Geschädigten
Für alle Verwirrten
Für alle Suchenden

Für alle Wütenden und alle die trauern
Für alle, die kalt im Herzen geworden sind
Für alle, die ihre Liebe nicht mehr finden
Für alle, die sprachlos geworden sind
Für alle, die blind vor lauter Angst sind
und für alle, die im anderen den Feind sehen

Für alle, die viel verloren haben
Für alle Fallengelassenen 
Für alle Missverstandenen
Für alle, deren Kraft zur Neige geht
Für alle, denen das Land
und die Menschen fremd geworden sind
Für alle, die kein Vertrauen mehr finden
Für alle, die verzweifelt ein Licht im Dunkeln suchen

Ich zünde heute eine Kerze für uns alle an
in der Gewissheit, dass wir wieder heil werden, irgendwann…

(Verfasser unbekannt)

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Besinnung

Tage oder Jahre?
Lang war sie fort
Nun also wieder:
Sehnsucht

Nach Nähe, Geborgenheit, Zärtlichkeit
Gesehenwerden
und Vertrauen

Wachstum
Entwicklung
Veränderung, vielleicht

Wie konnte man leben
so lang ohne sie?

Verkrustet, verpanzert, verstaubt
sich selbst vergessen
taub, und doch
ohne Angst

Angst
sich dank ihr
nicht mehr verstecken
und schützen zu können
Das eigene Zarte
und Verletzte vor der Welt

Angst
vor Wachstum,
Entwicklung, Veränderung
Vielleicht

(9. März 2021)

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Meine Seele hat es eilig

Ich zählte meine Jahre und entdeckte, dass mir weniger Lebenszeit bleibt, als die, die ich bereits durchlebt habe.
Ich fühle mich wie jenes Kind, das eine Schachtel Bonbons gewann: die ersten aß es mit Vergnügen, doch als es merkte, dass nur noch wenige übrig waren, begann es, sie wirklich zu genießen.
Ich habe keine Zeit mehr für endlose Konferenzen, in denen Statuten, Regeln, Verfahren und interne Vorschriften besprochen werden, wohl wissend, dass nichts erreicht wird.
Ich habe keine Zeit mehr, absurde Menschen zu ertragen, die ungeachtet ihres Alters nicht gewachsen sind.
Ich habe keine Zeit mehr, mit Mittelmäßigkeiten zu kämpfen.
Ich will nicht in Versammlungen, in denen aufgeblasene Egos aufmarschieren.
Ich vertrage keine Manipulierer und Opportunisten.
Mich stören die Neider, die versuchen, Fähigere in Verruf zu bringen, um sich ihrer Positionen, Talente und Erfolge zu bemächtigen.
Die Menschen, die keine Inhalte diskutieren, sondern, wenn’s hochkommt, die Überschriften. ​Meine Zeit ist zu knapp, um über Überschriften zu diskutieren.
Ich suche nach dem Wesentlichen, denn meine Seele hat es eilig. Ohne viele Süssigkeiten in der Schachtel.
Ich möchte mit Menschen leben, mit menschlichen Menschen.
Die über ihre Irrtümer lachen können, die sich nichts auf ihre Erfolge einbilden.
Die sich nicht vorzeitig berufen fühlen und die nicht vor ihrer Verantwortung fliehen.
Die die menschliche Würde verteidigen und die nur an der Seite von Wahrheit und Anstand gehen möchten.
Das ist es, wofür es sich zu leben lohnt.
Ich möchte mich mit Menschen umgeben, die sich darauf verstehen, das Herz der Menschen zu berühren. Menschen, die die harten Schläge des Lebens lehrten, in sanften Berührungen der Seele zu wachsen.
Ja … ich habe es eilig … in der Intensität zu leben, die nur die Reife geben kann.
Ich versuche, keine der Süßigkeiten, die mir noch bleiben, zu verschwenden.
Ich bin mir sicher, dass sie noch köstlicher sein werden, als die, die ich bereits gegessen habe. Mein Ziel ist es, das Ende zufrieden zu erreichen, in Frieden mit mir, meinen Lieben und meinem Gewissen.
Wir haben zwei Leben und das zweite beginnt, wenn du erkennst, dass du nur eins hast.

(Ricardo Gondim)

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Neu beginnen

Zuerst nach dem Grauen
Überleben lernen.
Misstrauen lernen
Die Zähne zusammen beißen lernen
Sich verschließen lernen
Nichts mehr davon wissen wollen lernen
Durchhalten und kämpfen lernen.

Dann — vielleicht
weil dein Hartsein
dich langsam zu töten beginnt —
dem Leiden einen Namen geben.

Das Schweigen brechen.
Dem Schrei erlauben,
das Herz zu verbrennen
und die Welt
in Asche versinken lassen. Mit trockenen Tränen
das Licht löschen
stumm werden
in der Dunkelheit!

Jetzt — endlich
der Stille lauschen.
Einem anderen Leuchten
Raum geben und sich davon
berühren lassen.

Und dann
leben lernen
hoffen lernen
lächeln lernen
berühren und berührt werden lernen
vertrauen lernen
lieben lernen.

(Luise Reddemann)

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Rezept

(von Mascha Kaléko)

Jage die Ängste fort
Und die Angst vor den Ängsten.
Für die paar Jahre
Wird wohl alles noch reichen.
Das Brot im Kasten
Und der Anzug im Schrank.

Sage nicht mein.
Es ist dir alles geliehen.
Lebe auf Zeit und sieh,
Wie wenig du brauchst.
Richte dich ein.
Und halte den Koffer bereit.

Es ist wahr, was sie sagen:
Was kommen muß, kommt.
Geh dem Leid nicht entgegen.
Und ist es da,
Sieh ihm still ins Gesicht.
Es ist vergänglich wie Glück.

Erwarte nichts.
Und hüte besorgt dein Geheimnis.
Auch der Bruder verrät,
Geht es um dich oder ihn.
Den eignen Schatten nimm
Zum Weggefährten.

Feg deine Stube wohl.
Und tausche den Gruß mit dem Nachbarn.
Flicke heiter den Zaun
Und auch die Glocke am Tor.
Die Wunde in dir halte wach
Unter dem Dach im Einstweilen.

Zerreiß deine Pläne. Sei klug
Und halte dich an Wunder.
Sie sind lang schon verzeichnet
Im grossen Plan.
Jage die Ängste fort
Und die Angst vor den Ängsten.

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Zärtliche Nacht

Es kommt die Nacht
da liebst du

nicht was schön –
was hässlich ist.

Nicht was steigt –
was schon fallen muss.

Nicht wo du helfen kannst –
wo du hilflos bist.

Es ist eine zärtliche Nacht,
die Nacht da du liebst,

was Liebe
nicht retten kann.

(Hilde Domin)

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Wer bin ich

Ihr sagen
wollen
dass ich sie noch immer
liebe

trotz des Schmerzes
der Lüge
des Verrats

der Jahre
die vergingen seitdem

liebe
die Wahrheit in ihr

Warum?

Vielleicht
weil ich will
dass sie weiß
dass nur Liebe wirklich ist
alles andere Angst

Doch
wer bin ich
ihr sagen zu wollen
was Liebe ist?

Wie lieblos
wäre das?

(22. Januar 2018)

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Wie ich Dir begegnen möchte

Ich möchte Dich lieben, ohne Dich einzuengen;
Dich wertschätzen, ohne Dich zu bewerten;
Dich ernst nehmen, ohne Dich auf etwas festzulegen;
zu Dir kommen, ohne mich Dir aufzudrängen;
Dich einladen,
ohne Forderungen an Dich zu stellen;
Dir etwas schenken,
ohne Erwartungen daran zu knüpfen;
von Dir Abschied nehmen,
ohne Wesentliches versäumt zu haben;
Dir meine Gefühle mitteilen,
ohne Dich für sie verantwortlich zu machen;
Dich informieren, ohne Dich zu belehren;
Dir helfen, ohne Dich zu beleidigen;
mich um Dich kümmern, ohne Dich verändern zu wollen;
mich an Dir freuen, so wie Du bist.

Wenn ich von Dir das Gleiche bekommen kann,
dann können wir einander wirklich begegnen
und uns gegenseitig bereichern.

(Virginia Satir)

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Wildgänse

Du musst nicht gut sein,
Du musst nicht hunderte von Meilen
auf deinen Knien durch die Wüste rutschen
und bereuen.

Du musst nur das zarte Tier deines Körpers
lieben lassen, was es liebt.

Erzähl mir von deiner Verzweiflung
und ich erzähle dir meine.
Während sich die Erde weiter dreht,
während die Sonne
und die klaren Regenkiesel
über die Landschaften ziehen,
über die Prärien
und die tiefen Wälder,
die Berge und die Flüsse.

Während die Wildgänse,
hoch in der klaren blauen Luft fliegen,
ihrem Zuhause entgegen.

Wer du auch bist,
ganz gleich wie einsam,
die Welt zeigt sich dir
in deiner Vorstellung,
ruft dich wie die Wildgänse,
rauh und aufgeregt –
und verkündet immer wieder
deinen Platz
in der Familie der Dinge.

(Mary Oliver)

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Autobiographie in fünf Kapiteln

I.
Ich gehe eine Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich falle hinein.
Ich bin verloren … ich bin ohne Hoffnung.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert endlos lange, wieder herauszukommen.

II.
Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich tue so, als sähe ich es nicht.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.

III.
Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich sehe es.
Ich falle immer noch hinein … aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen.
Ich weiß, wo ich bin.
Es ist meine eigene Schuld.
Ich komme sofort heraus.

IV.
Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich gehe darum herum.

V.
Ich gehe eine andere Straße.

(Portia Nelson)

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